Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Wenn Sie eine Buchhandlung betreten oder eine Zeitschrift lesen, können Sie kaum verhindern, auf das Wort „Achtsamkeit“ zu stoßen. Täglich erscheinen neue Bücher, CDs, Apps und Webseiten, die sich mit dem Thema Achtsamkeit befassen. Manchmal gewinnt man den Eindruck, Achtsamkeit sei eine Art „Wunderwaffe“ gegen alle möglichen Probleme: Depressionen, Ängste, Schlafstörungen, Übergewicht und chronische Schmerzen. Aber stimmt das wirklich? Und wie soll das funktionieren?
Achtsamkeit – was ist das eigentlich?
Um diese Frage zu beantworten, sollten wir zunächst klären, was Achtsamkeit eigentlich heißt. Achtsam zu sein, bedeutet: Den jetzigen Augenblick bewusst wahrnehmen, ohne ihn zu bewerten.
Das klingt sehr einfach, ist es aber meiner Erfahrung nach überhaupt nicht. Denn meist sind wir mit unseren Gedanken und Gefühlen eben NICHT in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Wir denken über Ereignisse nach, die wir nicht mehr ändern können. Oder wir malen uns aus, was uns vielleicht passieren könnte (ohne zu wissen, ob dies jemals eintreten wird). Die Bewertung ist dabei selbstverständlich inbegriffen.
Unsere tägliche Un-achtsamkeit
Dass wir nicht achtsam waren, bemerken wir meist erst später: Wenn wir uns an die Autofahrt zur Arbeit gar nicht mehr erinnern können. Wenn wir nach dem Lesen einer Seite in einem Buch keine Ahnung mehr haben, was darin eigentlich vorkam. Wenn wir mitten in einem Gespräch nicht mehr wissen, was der andere eigentlich gerade gesagt hat.
Achtsamkeit zu trainieren, empfinde ich als sehr wertvoll. Natürlich ist sie kein „Allheilmittel“ – aber sie kann helfen, zur Ruhe zu kommen, endlose Grübelschleifen zu durchbrechen, wieder ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen, konzentrierter zu bleiben und nicht so schnell zu ermüden.
Wie hilft Achtsamkeit bei chronischen Schmerzen?
Das ist natürlich nicht nur für Menschen mit chronischen Schmerzen sinnvoll! Aber gerade weil Betroffene häufig neben ihren Schmerzen auch über Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Erschöpfung und häufiges Grübeln berichten, arbeite ich in der Therapie gerne mit achtsamkeitsbasierten Techniken und habe damit gute Erfahrungen gemacht.
Einfach ist das Achtsam-Sein allerdings gerade zu Anfang nicht! Bei meinen eigenen ersten Achtsamkeits-Erfahrungen musste ich feststellen, dass meine Gedanken ständig abdrifteten: Ich muss dringend noch XYZ anrufen! Ich darf nicht vergessen, Brot einzukaufen! Das Auto muss in die Werkstatt! Warum ist das gestrige Treffen so schlecht gelaufen? Wie lange muss ich diese Übung jetzt eigentlich noch machen? Bringt mir das überhaupt etwas?
Achtsamkeit ist Übungssache
Die gute Nachricht: Achtsamkeit lässt sich tatsächlich trainieren. Wie oben bereits erwähnt, mangelt es nicht an Informationsquellen zum Thema. Ob Sie lieber ein Buch lesen, einen Kurs belegen oder es mit einer Smartphone-App versuchen, liegt ganz an Ihnen. Allerdings sollten Sie darauf achten, dass die Informationen für Sie gut verständlich sind und dass Sie genug Möglichkeiten haben, auch praktische Erfahrungen zu sammeln.
Übrigens können Sie Achtsamkeit durchaus auch ohne komplizierte Anleitung im Alltag trainieren: Vielleicht beginnen Sie damit, eine Tasse Tee oder Kaffee wirklich achtsam zu trinken. Oder Sie nehmen sich einige Minuten Zeit, achtsam zu duschen. Achten Sie dabei vor allem auf Ihre Sinneseindrücke. Gedanken werden kommen – dürfen aber auch wieder gehen. Probieren Sie es doch einfach einmal aus!